Sehr geehrter Herr Bollwerk,
wir freuen uns sehr, dass Sie sich für uns und die interessierten westfälischen Dachdecker als Interviewpartner zur Verfügung stellen.
Die weltweite Pandemie und der gegenwärtig herrschende Krieg inmitten Europas lässt mit einer gewissen Wehmut in die heile Welt der 90er und 2000er zurückschauen. Geht Ihnen das auch so?
D. B.: Nun, ganz so rosig war die Welt damals ja nun auch nicht. Wir hatten in den 90er Jahren eine der schwersten europäischen Wirtschaftskrise mit Konkursen von großen Banken. Luxemburg war 1996 das einzige Land der EU, das die Konvergenzkriterien erfüllte. Im Januar 1997 lag die Arbeitslosenquote in Deutschland bei 9,7 % , 2005 waren es sogar fast 12 %, heute sind es nur noch 5,7 % . Damals war vor allem Ostdeutschland besonders von Massenentlassungen und Betriebsstilllegungen betroffen. Und 1998-99 herrschte ein leider schon fast wieder vergessener Krieg in Europa: nämlich im Kososvo, mit vielen Toten und Verletzen. 2007 erlebten wir die weltweit größte Immobilienkrise. Und zur Lage heute: Trotz der aktuellen Krisen können wir bei den Umsätzen im Dachdeckerhandwerk gerade Spitzenwerte vorweisen: 2022 haben wir rund 13 Mrd Euro Umsatz erzielt, 2005 lagen wir bei sechs Milliarden. Laut unserer Jahresumfrage wird die wirtschaftliche Situation von unseren Betrieben derzeit mit Bestnoten bewertet. Insofern blicke ich nicht mit Wehmut zurück, sondern mit Wagemut nach vorn!
Die Bundesregierung hat mit den Folgen der o. g. Krisen zu kämpfen und scheut dennoch nicht davor zurück, zusätzlich relativ radikale Maßnahmen umzusetzen, damit die sogenannte „Transformation“ hin zu einer CO2-armen Energieversorgung gelingt. Halten Sie die Maßnahme und den Zeitpunkt für richtig?
D. B.: Ja, ich halte die meisten Maßnahmen für wichtig und richtig, auch wenn es weh tut. Denn wir haben keine zweite Erde im Kofferraum, die wir rausholen können, wenn wir die jetzige unbewohnbar gemacht haben. Und es geht eben nur mit einem gewissen Druck…. |