Erhöhung des Umsatzsteuersatzes 2021
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Bundesregierung hatte Anfang Juni 2020 umfangreiche Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Coronakrise auf den Weg gebracht, unter anderem eine zeitlich befristete Absenkung des Umsatzsteuer-Regelsatzes von 19 % auf 16 % und des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 7 % auf 5 %. Damit sollte der Binnenkonsum gestärkt und die Wirtschaft wieder ins Laufen gebracht werden.
Umstellung der Umsatzsteuersätze
Für Dachdeckerbetriebe war/ist mit der zeitweisen Umstellung des allgemeinen Umsatzsteuersatzes nicht nur Mehraufwand verbunden. Jetzt, wo der Umsatzsteuersatz ab 1. Januar 2021 wieder von 16 % auf 19 % angehoben wird, stellen sich wichtige Fragen. Unternehmer sollten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass alle Abrechnungsvorgänge reibungslos ablaufen. Vor allem aber muss klar sein, wie die ab 1. Januar 2021 wieder erhöhte Umsatzsteuer an den jeweiligen Auftraggeber durchgestellt werden kann.
Betroffene Umsätze
Die neuen Steuersätze gelten für alle Umsätze, die nach dem 31. Dezember 2020 ausgeführt werden. Es kommt dabei ausschließlich auf den Zeitpunkt an, zu dem die Leistung erbracht ist. Eine vertraglich geschuldete Leistung gilt im Umsatzsteuerrecht als erbracht oder ausgeführt, wenn sie beendet oder vollständig ausgeführt ist (Leistungszeitpunkt).
Bei Werklieferungen und Werkleistungen gilt hierbei der Tag der Verschaffung der Verfügungsmacht an dem fertigen Werk. Zur Bestimmung des Leistungszeitpunkts kommt es nicht darauf an, in welchem Zeitraum die Arbeiten durchgeführt wurden, sondern ausschließlich auf den Zeitpunkt der Fertigstellung oder Beendigung der Leistung. Für die Entstehung der Umsatzsteuer und den Ausweis des richtigen Umsatzsteuer-Satzes bedeutet dies: Das relevante Datum für die Rechnungsstellung ist der Endzeitpunkt der Leistungserbringung, sprich: die Abnahme. Eine schriftliche Dokumentation wird empfohlen. Die Rechnungsstellung muss innerhalb von 6 Monaten ab Leistungserbringung erfolgen.
Neues ZVDH-Infoblatt
Wie schon bei der Absenkung der Umsatzsteuersätze hat der ZVDH vor dem Hintergrund vieler aufgetretener Fragen erneut ein ausführliches Infoblatt (Stand Dezember 2020) erstellt, das Innungsbetrieben eine wertvolle Hilfestellung bei der Abgrenzung der unterschiedlichen Umsatzsteuersätze gibt. Neben Beispielen werden mit einem Fragen-Antworten-Katalog die wichtigsten Punkte zu den Themenbereichen Bauvertrag, Abnahme, Teilleistungen, Abschlagszahlungen, Entgeltminderungen (z.B. Skonto, Preisnachlässe, Nachberechnung) sowie Zusatzinformationen bzgl. Umsatzsteuer-Voranmeldung (Fristen, Korrekturen) erläutert. Auch besondere Leistungsbeziehungen wie der Einsatz eines Subunternehmers und die Besonderheiten bei Gerüstbauleistungen werden beschrieben. Zudem werden kritische Fälle thematisiert wie bspw. ein in der Rechnung fälschlicher Weise zu hoch ausgewiesener Umsatzsteuerbetrag, der dann vom Unternehmer trotzdem geschuldet wird, oder der Hinweis gegeben, dass der Leistungsempfänger nur Vorsteuer mit dem gültigen Steuersatz abziehen kann.
Das 7-seitige ZVDH-Infoblatt kann ab sofort im internen Mitgliederbereich der Berufsorganisation abgerufen werden, z.B. unter „News ZVDH“ oder in der Rubrik „Recht // Steuer- und Wirtschaftsrecht“.
Achtung: Das Infoblatt ersetzt keine individuelle Beratung durch einen Steuerberater.
Regeln der Technik: Auftragnehmer muss Regeländerung vor Abnahme beachten
Der BGH und das OLG Koblenz haben dem Fachregelwerk des Deutschen Dachdeckerhandwerks erneut den Status allgemein anerkannter Regeln der Technik attestiert (OLG Koblenz, Urteil vom 31.05.2019, Az: 6 U 1075/18; BGH, Beschluss vom 15.04.2020, Az: VII ZR 152/19)
Die wichtigste Aussage der Entscheidung betrifft jedoch die Frage, was bei Änderung des Regelwerks während der Ausführungszeit gilt. Hier hat bereits früher die Rechtsprechung eindeutig festgestellt, dass entscheidend der Regelwerksstand zum Zeitpunkt der Abnahme ist. Der BGH und die Vorinstanzen äußern sich in der neuen Entscheidung darüber hinaus zu den Folgen bei Nichtbeachtung. Zusammengefasst lässt sich folgende Aussage festhalten: Ändern sich die Fachregeln während der Ausführungszeit, muss der Auftragnehmer den Auftraggeber darauf hinweisen und eine Entscheidung „erzwingen“.
Im konkreten Fall hatte der Dachdecker den Auftrag, Dachdecker- und Klempnerarbeiten am Neubau eines Seniorenzentrums auszuführen. In konkreter Umsetzung des Bauvertrages führt der Auftragnehmer das Dach mit einem regensicheren Unterdach der Klasse 3 aus, so wie es im LV auch vorgesehen war. Während der Ausführungszeit entsprach diese Art der Ausführung (noch) den Fachregeln. Kurz vor der Abnahme wurde das Regelwerk jedoch verschärft.
Gemäß der Neufassung des Regelwerks hätte der Auftragnehmer ein wasserdichtes Unterdach der Klasse 1 ausführen müssen. Der Auftraggeber verweigert die Abnahme und argumentiert, die Dacheindeckung sei nicht abnahmereif, weil das zur Abnahme vorgestellte Unterdach lediglich regensicher, nicht aber wasserdicht ausgeführt worden sei.
Im anschließenden Rechtsstreit klagt der Auftragnehmer seinen Restwerklohn in Höhe von 74.416,78 Euro nebst Zinsen ein und verliert in allen Instanzen.
Aus dem Urteil:
Der Auftragnehmer schuldet zum Zeitpunkt der Abnahme ein Bauwerk, das der vereinbarten Beschaffenheit und den anerkannten Regeln der Technik entspricht; dies gilt regelmäßig auch bei deren Änderung zwischen Vertragsschluss und Abnahme.
Ein Zurückbleiben der Bauausführung hinter den anerkannten Regeln der Technik ist nur dann vertragsgerecht, wenn die Parteien eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben. Dies setzt jedoch voraus, dass der Auftragnehmer den Auftraggeber auf die mit der Nichteinhaltung der anerkannten Regeln der Technik verbundenen Konsequenzen und Risiken hingewiesen hat.
Bewertung:
Es ist für den Dachdecker sehr wichtig, immer auf dem aktuellen Stand der Fachregeln zu bleiben und sie einzuhalten. Sobald sich die Fachregeln ändern, muss der Dachdecker gegenüber dem Bauherrn Bedenken anmelden. Dann ist es Sache des Bauherrn, es bei der alten Ausführungsart zu belassen, oder ein „upgrade“ anzuordnen, was dann selbstverständlich in einen kostenpflichten Nachtrag mündet.